Ein Brand zerstörte die Bücherei 272 n. Chr.
vollständig. So ging mit einem Schlag die
wichtigste Literatur der Griechen unter. Der
Verlust der Bibliothek wurde von der dama-
ligen Welt auch als Verlust des kollektiven
Gedächtnisses der Menschen gewertet. Doch
die Geschichte hat ein glückliches Ende:
Rund 2000 Jahre nach der Errichtung der
alten wurde 2002 eine neue Bibliothek eröff-
net. Und wieder ist ihre Mission, mehr als
nur eine Bücherei zu sein: ein Zentrum für
Verständnis, Dialog und Toleranz. Inzwi-
schen besuchen jedes Jahr eine Million Men-
schen den riesigen Komplex direkt am Hafen
von Alexandria. Die Granit-Außenwand des
Hauptgebäudes in Zylinderform zollt der Ver-
gangenheit Tribut: Sie zieren meterhohe
Schriftzeichen fast aller Sprachen.
Ebenfalls ein großer Brand vernichtete
Teile der Anna Amalia Bibliothek in Weimar.
Der Hang der Herzogin von Sachsen-Weimar-
Eisenach zu Büchern ist genauso überliefert
wie die Tatsache, dass sich Anna Amalia von
Braunschweig-Wolfenbüttel gern mit klugen
und künstlerisch begabten Männern umgab:
mit Wieland, Herder, Goethe, Schiller, mit
Gelehrten, Schauspielern und Musikern. We-
niger bekannt ist vielleicht, dass sie ebenso
sehr wie Bücher auch Schuhe liebte. Jeden
Tag stolzierte sie mit einem neuen Paar an
ihren bewundernswert „kleinen Füßen“ durch
die Salons „und Hof- und andere Kavaliere“,
so berichtete ein da-
maliger Page, „tru-
gen aus Galanterie
kleine goldene Schu-
he als Uhrketten-
Berlocke“. Bis heute
unbekannt ist hin­
gegen der Grund ih-
res späteren Bruchs
mit Goethe. Manche
wollen den beiden gar eine Affäre andichten,
andere meinen, dass der Herzogin fröhlicher
Hang zum Dilettantismus den doch eher per-
fektionistischen Goethe, anfangs Stammgast
ihrer legendären Tafelrunden, irgendwann
abstieß.
Eine andere legendäre Bibliothek steht in
Portugal: die Universitätsbibliothek Coimbra.
An der Uni werden zum Semesterbeginn Stu-
denten nackt ums Universitätsgebäude ge-
scheucht, erbarmungslos mit Hochprozenti-
gem abgefüllt oder mit Zahnbürsten zum
Treppenschrubben verdonnert. Erstsemester
haben an der altehrwürdigen Uni traditionell
keinen leichten Start. Die Aufnahmerituale
der neuen Studenten gelten in Coimbra als
besonders hart, die Studierenden demzufolge
als nicht gerade rücksichtsvoll gegenüber den
Neuen. Ob man deshalb auch die historische
Universitätsbibliothek vor ihnen schützen
will? Sie wird schon lange nicht mehr den
Studierenden überlassen, sondern ausschließ-
lich Besuchern von Führungen
und Konzerten. Die Bibliothek
der ältesten Universität Portugals
wurde von König JoãoV. gestiftet
und zwischen 1717 und 1728 auf
dem Grundstück eines Kerkers
einer ehemaligen islamischen
Burg errichtet. Sie umfasst drei
große Säle mit 30000 Büchern
und 5000 Manuskripten und
zählt zweifellos zu den schönsten der Welt.
Die älteste Universität der westlichen
Welt aber steht in Bologna: Seit ihrer Grün-
dung im Jahr 1088 zieht sie Studenten aus
aller Welt an. Schon Kopernikus und Dante
wälzten hier die Bücher. Da ist es nur selbst-
verständlich, dass die Hauptstadt der Emilia-
Romagna eine ganz besondere Bibliothek hat:
Die Biblioteca Sala Borsa ist nicht nur die
größte Multimedia-Bibliothek des Landes,
sondern auch die schönste. Im Palazzo
d’Accursio, direkt an der Piazza Maggiore
gegenüber des berühmten Neptunbrun-
nens, warten 250000 Bücher auf Besucher.
Eigentlich wurde die Bücherei Ende des
19. Jahrhunderts auf den 2000 Jahre alten
Ruinen des Palastes als Börse erbaut. Doch
da die Geschäfte nicht eben glücklich liefen,
wurde die Börse bereits 1903 wieder ge-
schlossen. Heute lenken hier beeindrucken-
de Bogengänge und malerische Fresken vom
Lesen ab.
ruhe  
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KLAUS MELLENTHIN
Warme Farben bestimmen die Bibliothek im Bergresort Werfenweng.
Modern und hell –
die Bibliothek im
Ifen Hotel.
In der Bibliothek des
Kurhauses Binz.
Bild links: Maik Schuck; Bild oben: vision photos
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