W
ie wäre es wohl, ein Tiger zu sein?
Behutsam setzen die Kinder einen
Fuß vor den anderen. „Richtig: Der
Tiger schleicht!“, sagt Sabine Roth, Inhaberin
der Ballettschule Roth in Kreuzberg. Doch heu­
te schickt die Ballettpädagogin keine ihrer üb­
lichen Schüler an die Stange. In der Kita Ritter­
burg in Kreuzberg erwarten sie jeden Freitag
etwa drei Dutzend Kinder. Ein paar Mädchen
haben sich vorbereitet und tragen ein rosafar­
benes Tutu, sie wollen wie eine richtige Balle­
rina aussehen. Doch von einer stimmigen Cho­
reografie ist die Gruppe noch weit entfernt
– und Sabine Roth ist die Herrin über einen
Sack Flöhe. „Wie geht das Karussell?“, fragt
sie in die Runde. Die Kinder wissen es. Wenn
wieder die fröhliche Klaviermusik ertönt, sau­
sen sie mit ausgebreiteten Armen durch den
Raum. „Ich bin ein Flugzeug!“, ruft ein Junge.
Andere rutschen über das Parkett und tun so,
als würden sie Schlittschuh laufen. Doch wil­
des Durcheinander wird hier nicht geduldet,
wer stört, fliegt raus. Da werden am Ende so­
gar die wildesten Rabauken zahm. „Der Tanz
ist eine Möglichkeit, Disziplin und Spaß mitei­
nander zu verbinden“, sagt die Ballettlehrerin.
Auf spielerische Weise Koordination zu erlan­
gen, auf Kommando einfach einmal stillzuste­
hen. Das ist gar nicht so einfach.
In der Kita Ritterburg kommen Kinder aus
allen sozialen Schichten und vielen Nationen
zusammen. „Oft ist es von der Gesellschaft vor­
gezeichnet, welchen Weg ein Kind später
­einschlägt“, so begründet Sabine Roth ihr En­
gagement im Kiez, das müsse nicht sein. „Es
ist doch schade, wenn immer noch das Vorur­
teil vorherrscht, Balletttanz sei eine elitäre An­
gelegenheit.“ Ein Irrtum, mit dem sie hier auf­
räumen möchte. Die GEWOBAG möchte mit
der Kooperation einen positiven Impuls zur In­
tegration in Kreuzberg setzen. „Die Unterstüt­
zung von Kunst, Kultur und Sport im Rahmen
von sozialem Engagement ist Teil unserer Un­
ternehmenskultur“, sagt Hendrik Jellema, Vor­
stand der GEWOBAG.
„Am allerwichtigsten ist es natürlich, dass
es Spaß macht, sich zu bewegen!“ Zehn Un­
terrichtseinheiten stehen für die Kinder auf
dem Plan. Mit jedem Mal werden die Erfolge
deutlicher. Am Ende steht eine kleine Auffüh­
rung für die Eltern. „Vielleicht wird der Work­
shop bei einigen Kindern weiteres Interesse
am Tanzen wecken“, hofft Maximilian Thümer,
Leiter der Kindertagesstätte. Im angeschlosse­
nen Familienzentrum Ritterburg werden neben
Bastelkursen, Singen und Turnen auch Kurse
zu Bewegung, Tanz und Fantasiegeschichten
angeboten. „Bewegung und Tanz fördern ei­
nen besseren Umgang mit dem Körper und
helfen beim Stressabbau“, sagt der Pädagoge.
Auf Sabine Roths Kommando „Schokoladenfüße!“ rücken alle Kinder zu einem Kreis zusammen und strecken ihre Füße in die Mitte (oben links). Wie sieht ein Flugzeug aus?
Die Lehrerin macht es vor (oben rechts).
Fotos: Tina merkau
Mit der GEWOBAG tanzen lernen
Im Rahmen ihrer Stadtteilarbeit kooperiert die
GEWOBAG seit 2010 mit der Ballettschule Sabine
Roth. Aktuell wird die Nachbarschaft mit dem
Tanzworkshop in einer Kita bereichert. Für die
zweite Jahreshälfte sind Tanz- und Bewegungskur-
se in Seniorenhäusern geplant. Die Ballettschule
Roth bietet kostenlose Schnupperstunden für Mie-
ter an. (s. Coupon S. 23)
› GEWOBAG-Projekt
Gewobag
› C o u p on
20 % Rabatt
Tanzkurs
„Immer noch gibt es das Vorur-
teil, Ballett sei eine elitäre Sache.“
Sabine Roth, Ballettpädagogin
Wenn alle Kinder zusammen eine Raupe bilden, darf
keines aus der Reihe tanzen.
berliner
leben
1/2013
9
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...24