Retro
Berlin
tip Campus
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April 2013
avantgardistischen Traum einer Versöhnung von Kunst und Leben. Man
verfügte noch über einen emphatischen Begriff des Neuen, der den Muff
der tausend Jahre hinwegfegen sollte. Nach dem Ende der Neo-Avant-
garden, dem Ende der Popeuphorie und dem Zusammenbruch einer
sozialistischen Perspektive werden die Reste davon zusammengeklaubt.
Kulturproduzenten nehmen kaum mehr das hohe Wort vom Neuen in
den Mund. Wenn es aber keine insistierende Vorstellung von Innovation
mehr gibt, was wäre dann ein starker Begriff von Retro?
Gleichwohl herrscht ein diffuses, retroaffines Epochenselbstver-
ständnis, das sich nicht auf eine offene Zukunft hin entwirft. Dessen
Popularisierung schreitet in dem Maße voran, wie der Glaube an den
Fortschritt wie auch die Bindung an die Tradition schwinden. Solange
der Fortschritt als ideologischer Herzschrittmacher der Gesellschaft
funktionierte, war Retro eine Sache für Sitzenbleiber, nicht für Trend-
setter. In den Sixties waren Retrokonzepte wie die der vorletzten
Jahrhundertwende entliehene Sommerfrische oder der Rückzug in die
nahe Uckermark als gesellschaftliche Utopie nicht massentauglich. Man
fuhr stattdessen lieber mit dem eigenen ersten Auto in den Ferien in
das Sehnsuchtsland Italien und hoffte, dass man es in den Wachstums-
jahren darauf in noch exotischere Gefilde schaffen würde.
Die 60s waren aber gleichzeitig die Zeiten, in denen sich die sozi-
alen Bindungen lockerten. Die Familie, der Staat, die Religion – all
diese Institutionen verloren an Strahlkraft, die Sitten und Lebensfor-
men liberalisierten sich. Seit dieser Zeit wurde ein zugleich konsum­
orientierter wie auch kapitalismuskritischer Individualismus immer
mächtiger. Mit der Befreiung aus den Fesseln der Tradition kreierte der
aber ein anderes Problem. Wie versichert man sich der eigenen Iden-
tität? Retro liefert auf diese Frage eine Antwort, indem ein Halt ge-
bender und sinnstiftender Bezug auf eine Vergangenheit simuliert wird,
die es so nie gab – insofern ist Retro auch ein (kulturkonservatives)
Konzept für die Bewältigung der Zukunft.
1
Thomas Edlinger
Oberflächenverliebte Verführung: US-Serie „Pan Am“
Foto: 2011 Sony Pictures Television Inc.
Die Deutsche Oper Berlin
verlost 5 x 2 Karten für das
VERDI REQUIEM am 2.5.2013
um 20.00 Uhr. Die Gewinner
erhalten zusätzlich ein
Programmheft.
Foto © Monika Rittershaus
Giuseppe Verdi stellt in seiner
MESSA DA REQUIEM den Menschen
und seine innere Wirklichkeit in den
Mittelpunkt. Seine Totenmesse ist
nicht für den Kirchenraum bestimmt,
sondern für die Welt. Mit jener
musikalischen Dramatik, die man aus
seinen Opern kennt, beschwört er die
Schreckensbilder von Tod, Endzeit und
Verdammnis durch ein gigantisches
Tableau intensiver Gefühle: Angst,
Zorn, Schmerz, Trauer und Sehnsucht
nach Erlösung. Seine Musik lässt
uns ahnen, dass es für Trost keine
Gewissheit, für Hoffnung keinen
anderen Grund gibt als uns selbst.
Wann und wo wurde das
Stück zum ersten Mal aufgeführt?
Senden Sie eine
E-Mail mit dem Kennwort
„VERDI REQUIEM“ und der Lösung
an:
G E W I N N S P I E L
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Einsendeschluss: 15.04.2013
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OMSURFER
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24-04-2013
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