Berlin
Privatbrauereien
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tip Campus
April 2013
Fotos: Oliver Wolff
Saufen für eine
bessere Welt
Saufen für den guten Zweck: Die Gewinne des
Quartiermeister-Bier fließen zu 100 Prozent in
soziale Projekte. Bierkonsum wird hier zur gu-
ten Tat – kein Komasaufen, sondern bewusstes
Trinken und damit auch bewusster Konsum. Die
Idee dahinter ist so einfach wie genial: Der
Gründer Sebastian Jacob wollte ein konsum-
kritisches „Not-for-Profit“-Produkt anbieten,
durch das soziales Engagement, am besten
gleich vor der Haustür, unterstützt werden
kann. Statt mit einem Produkt Profit zu ma-
chen, sollten also integrative Projekte im Kiez
gefördert werden. Und so kam Sebastian Jacob
auf das Bier, denn Bier trinkt fast jeder. Er grün-
dete einen Verein und suchte eine Brauerei, die
ein bisschen von ihrem Bier abgibt, sodass es
mit demQuartiermeister-Etikett verkauft wer-
den kann. Nach langem Suchen lieferte Sebas-
tian Jacob 2010 sein erstes Kiez-Bier mit dem
Fahrrad aus. Im Internet wird abgestimmt,
welche Projekte den vierteljährlich vergebenen
Gewinn bekommen sollen. Die letzte Ausschüt-
tung ging an das „Flüchtlingscamp am Orani-
enplatz“, „Kein Bock auf Nazis“ und „Freunde
fürs Leben“. „Wichtig ist uns der regionale As-
pekt, wir fördern nur Berliner Projekte. Bis jetzt
vor allem in Neukölln und Kreuzberg“, sagt
Anke Böckenhoff vomQuartiermeister-Verein.
Die engagierten jungen Leute haben damit Er-
folg, mittlerweile bieten 25 Kneipen und Ge-
tränkehändler das Pilsener an. Für Privatpartys
gibt es sogar einen Lieferservice, der ab drei
Kisten nach Hause liefert – mit dem Rad fährt
Sebastian Jacob schon lange kein Bier mehr
aus.
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Das stärkste Bier
der Welt
Zu den ersten Berliner Privatbrauereien der
neuen Generation zählt die Südstern Brauerei
an der Hasenheide. „Der größte Unterschied zu
den industriell hergestellten Bieren ist, dass
wir auf die Haltbarmachung und Filtrierung
verzichten“, sagt Thorsten Schoppe, der Brau-
meister. Dadurch entstehe erst der würzige und
leckere Geschmack der kleinen Biersorten. Weil
die meisten Biertrinker, so Schoppe, keine Ah-
nung haben, wie Bier hergestellt wird, ist das
Brauhaus so eingerichtet, dass der Gast den
Braukessel gut sehen kann. Durch Panzerglas-
scheiben im Boden kann man sogar einen Blick
auf das Lager werfen. „Diese Art der transpa-
renten Bierherstellung ist uns wichtig“, sagt
Thorsten Schoppe. Jede Woche braut er nach
handwerklich-traditioneller Braukunst Biere,
die den Vitamin- und Mineraliengehalt des Ge-
treides behalten. Seiner Kreativität und Expe-
rimentierfreude setzt Thorsten Schoppe keine
Grenzen. So hält er beispielsweise den Welt-
rekord im „stärksten Bier“: Auch wenn dieses
Bier mit seinemAlkoholgehalt von 27,6 Prozent
schon fast den Likören zuzuordnen wäre.
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Brauhaus Südstern
Hasenheide 69, Kreuzberg,
Biertreberbrote
mit Wurst
Die Mini-Brauerei in Friedrichshain hopft und
maischt gegen die großen Konzerne. „Wir woll-
ten ein qualitätsvolles Lebensmittel herstellen,
das die Gäste zu schätzen wissen, und abends
in der Kneipe zur geselligen Runde zusammen-
kommen und Spaß haben“, sagt Sven Gohdes,
einer der Teilhaber von Hops & Barley, während
er ein großes Helles in einen Krug zapft. Und
damit hat er seit 2008 Erfolg. „Die Leute kom-
men zu uns aus einem ganz einfachen Grund:
Ihnen schmeckt das Bier.“ In der ehemaligen
Metzgerei in Friedrichshain kommt Philipp Bro-
kamp manchmal mit dem Brauen kaum hinter-
her, da die Gäste das Bier am liebsten gleich
aus dem Hahn trinken würden. Der Braumeis-
ter braut das Bier im Keller und gleich in der
Kneipe. Drei verschiedene Bier-Sorten stehen
auf der Karte, dazu kommen saisonal bedingte
Spezialbiere, die aus speziellen Malz- und Hop-
fensorten gebraut werden. Damit die Qualität
auch stimmt, braucht es viel Zeit und Geduld,
drei bis vier Wochen gärt das goldene Getränk
vor sich hin, es wird nicht durch Pasteurisie-
rung haltbar gemacht. Das „Hops“, wie die
Kneipe im Kiez genannt wird, unterstützt loka-
le soziale Projekte. Neben Bier gibt’s belegte
Brote mit verschiedenen Wurstsorten – das
Brot wird aus dem beim Brauen übrig geblie-
benen Malz, dem Treber, selbst gebacken.
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Hops & Barley
Wühlischstraße 22–23, Friedrichshain,
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,...48