Berlin
Privatbrauereien
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tip Campus
April 2013
Fotos: Oliver Wolff
Vom Waschkeller zum Braukeller
Eine der ersten kleinen Privatbrauereien ist das Eschenbräu in Wedding.
Der aus Baden stammende Braumeister, Martin Eschenbrenner, fing mit
seinen ersten Brauversuchen im alten Waschkeller im Studentenwohn-
heim an. „Das Selbstgebraute kam super bei meinen Freunden und
Bekannten an“, sagt der 37-Jährige nicht ohne Stolz. Nach dem Studium
weitete er die selbst gebaute Brauanlage immer weiter aus und eröff-
nete 2001 eine dazugehörige Kneipe. Aus dem einstigen Veranstaltungs-
raum für Studenten wurde flugs eine rustikale, urige Braukellergaststät-
te. „Ich habe einfach Spaß daran, Dinge selbst herzustellen“, sagt Mar-
tin Eschenbrenner. Auch eigene selbst gebrannte Obstschnäpse und
Cider sowie Apfelsaft stellt er in seiner Anlage her. Ihm sei vor allem
beste Qualität und ein „Tip-Top Produkt“ wichtig. Gerne erklärt er seinen
Gästen die Brauanlage und die Abläufe, in denen aus Getreide und
Wasser ein wohlschmeckendes, alkoholisches Getränk wird. In regel-
mäßigen Abständen bietet er verschiedene Sonderbiersorten an, die
auch oft einen regionalen Bezug haben. Die ersten Anstiche sind jedes
Mal ein Event, bei dem der Laden aus allen Nähten platzt. Die Liebe und
Leidenschaft, mit denen der Familienvater sein Bier braut, spüren seine
Gäste: Aufgrund der großen Nachfrage muss Martin Eschenbrenner stän-
dig seine Räumlichkeiten vergrößern. „Viele Leute kennen nur das
Standard-Flaschenbier der Großbrauereien und sind überrascht, dass
der Geschmack von selbst gebrautem Bier ganz anders ist“, sagt er.
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Eschenbräu
Triftstraße 67, Wedding,
Heavy Metal unterm Braukessel
Ein Bier, das sich gegen die großen Konzerne behauptet: „Das ist in
Berlin mehr als nötig – nur so kann man etwas für eine größere Vielfalt
tun“, sagt Wilko Bereit, der Braumeister der kleinen Privatbrauerei Roll-
berger. In einem riesigen Ziegelbau einer ehemaligen Kindl-Brauerei
mitten in Neukölln haben sich Wilko Bereit und sein Kumpel Nils Heins
einen kleinen Teil gemietet. Während Wilko Bereit das Schroten, Mai-
schen und Hopfen zusammen mit einemBrauhelfer in dem kühlen Brau-
keller erledigt, kümmert sich Nils Heins um den Vertrieb und alles an-
dere. Seit 2009 brauen die beiden unter den alten denkmalgeschützten
Kesseln des Vorgängers ihr Bier, im Hintergrund läuft dabei Heavy Metal
und Hardcore.
„Wir setzen vor allem auf Qualität“, sagt Wilko Bereit. Daher verwenden
sie auch nur Bio-Rohstoffe. Und sie setzen auf Regionalität. Das Roll-
berger Bier ist ein echtes Berliner Bier, aus Berlin und für Berlin. „Wir
beliefern hauptsächlich die hier ansässige Gastronomie“, sagt Nils Heins.
Etwa 50 Kneipen, Hotels und Restaurants sind in den letzten drei Jahren
Rollberger-Kunden geworden. Sogar Joachim Gauck, der Bundespräsi-
dent und noch so etwas wie ein Neu-Berliner, lasse sich regelmäßig ein
Rollberger schmecken, erzählen Wilko Bereit und Nils Heins. Besonders
beliebt unter den Kunden und Rollberger-Trinkern ist das „Rote“ – ein
mildes, leicht süßes und vollmundiges Bier. „Wir wollen, dass die Leute
in die Kneipen gehen und sich beim genussvollen Biertrinken unterhal-
ten“, sagen Wilko Bereit und Nils Heins.
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Rollberger
Werbellinstraße 50, Neukölln,
Hoch die Tassen!
Aus der Flasche der Großkonzerne schmeckt doch alles irgendwie gleich: So zumindest sehen das
die kleinen
Berliner Privatbrauereien
. Sie setzen auf Vielfalt und Geschmack und brauen ihr Bier
mit viel Liebe und Leidenschaft. tip-Autorin Simone Balser hat sie besucht
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