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B e r l i n e r Z e i t u n g · N u m m e r 1 9 7 · 2 5 . A u g u s t 2 0 1 0
Die Zukunf t i st 3-D
D 2 1
V
orhang auf, Filmab! Einfach ausspan-
nen und sich von den bunten Bildern
auf der Leinwand berieseln lassen – so
sieht ein gewöhnlicher Kinoabend mit Pop-
corn und Cola aus. Ganz anders läuft es im
3-D-Bauherrenkino in Netzen bei Berlin.
Hier erwartet den Zuschauer statt Holly-
wood-Blockbuster oder Liebeskomödie eine
Art interaktiver Science-Fiction-Film – im
besten Fall mit realemHappy End. Denn an-
gehendeHausherren können seit September
2008mit 3-D-Brille und Fernbedienung aus-
gerüstet eine Art Zeitreise in ihr künftiges
Haus antreten und es individuell ausstatten.
Noch bevor der Grundstein gelegt ist.
Virtuelle Bemusterung
Mit ein paar Klicks geht es in die digitale
Baustelle – ganz ohne Schutt und Bohrlärm.
Was für gewöhnlich monatelange Planung,
Schweißundnicht seltenauchTränenkostet,
soll im Bauherrenkino im Zeitraffer gesche-
hen.„AngehendeHausbauer können sich oft
ihr zukünftiges Heimnicht imDetail vorstel-
len“, sagt Philippe Kossebau vom Pressebü-
ro desMassivhausanbieters Bauunion 1905.
„Es fällt ihnen häufig schwer, sich auszuma-
len, ob Muster und Farben wirklich zusam-
menpassen.“ Aus diesen Überlegungen he-
raus entstand die Idee zum Bau eines 3-D-
Bauherrenkinos.Wer hierherkommt, hat sein
neues Haus bereits in Grundzügen geplant
undmacht sichmithilfe der 3-D-Technik an
den Feinschliff.
InZusammenarbeitmit demFraunhofer-
Institut für Arbeitswirtschaft und Organisa-
tion und der Dresdener Firma SWP hat die
Bauunion 1905 die so genannte virtuelle Be-
musterung entwickelt und für Hausbauer
nutzbar gemacht. Zu diesem Zweck haben
Mitarbeiter des Unternehmens unter ande-
rem Fliesen, Teppiche und Dachziegel foto-
grafiert und die Aufnahmen an das Fraun-
hofer-Institut gesendet.„Die Forscher haben
die Fotografien dort technisch so bearbeitet,
dass sie räumlich darstellbar sind“, sagt An-
dreas Schurig, Geschäftsführer der Bauunion
1905. So entstand eine Datenbank, die laut
Hersteller unter anderem 1500 Fliesen, 80
Tapetenund 145Teppiche umfasst. Der drei-
dimensionale Einblick ins neue Heim ist je-
doch nur denjenigen Bauherren vorbehal-
ten, die bereits einen Kaufvertrag mit dem
Unternehmen abgeschlossen haben. Statt
vor Plänen eines Architekten sitzen sie mit
einem Berater vor einer Leinwand und kli-
cken sich von Raum zu Raum. Ähnlich wie
in einem Computerspiel können die künfti-
genEigenheimbesitzer dabei selbst Perspek-
tive wechseln und Richtung bestimmen.
Auch einRundflug über denNeubau istmög-
lich und verschafft so einen Eindruck des
virtuellenRohbaus aus derVogelperspektive.
Ein Menü am Rande des Bildschirms zeigt
eine Auswahl anTapetenmodellen, Dachzie-
geln und Fliesenarten – je nachdem, was die
Bauherren gerade verändernmöchten.Wän-
de, Böden und Möbel können so mit ge-
wünschtem Material, passender Farbe und
Oberfläche versehen und angeordnet wer-
den. Doch so einfach die virtuelle Bemuste-
rung auch klingt: Ein Einsatz derTechnik am
heimischen PC liegt noch in weiter Ferne.
Denn die Computersoftware ist so komplex,
dass sie im Hintergrund von einem Mitar-
beiter des Unternehmens bedient werden
muss.
Davon bekommt der Kunde jedoch kaum
etwas mit. Er kann sich voll auf die interak-
tive Auswahl der Materialien konzentrieren,
was oftmals zu überraschendenErgebnissen
führt: „Viele Hausbauer, die bereits vor dem
Rundgang konkrete Vorstellungen von der
Einrichtung ihresHeims hatten, ändernnach
dem 3D-Erlebnis doch noch die Ausstat-
tung“, sagt Gesellschafter Schurig. „Die
meisten brauchen ein bis zwei Tage, umden
Neubau vor der Leinwand zu bemustern.“
Nicht selten verlieren die Käufer den
Überblick über die Gesamtkosten der Aus-
stattung. Im Bauherrenkino aktualisiert da-
her eine Software bei jeder Änderung auto-
matisch den Preis für das zukünftige Domi-
zil – der Hausbauer kann so direkt vom
Bildschirm ablesen, ob die freistehende Ba-
dewanne noch ins Budget passt oder nicht.
Erste Orientierungshilfe
Zwar ist das Bauherrenkino der einzige
Ort inDeutschland, an demHausbauer ihre
neue Bleibe virtuell bemustern können.Wer
kein Kunde ist, muss dennoch nicht auf eine
dreidimensionale Einrichtung seiner eige-
nen vier Wände verzichten. So gibt es im
Internet spezielle 3-D-Wohnraumplaner
und 3-D-Gartenausstatter, die bei der Ge-
staltung des eigenen Umfeldes helfen kön-
nen. Der Anwender fügt dabei denGrundriss
seiner Wohnung oder seiner Grünfläche in
entsprechende Programme ein und kann
anschließend sein Domizil am Computer
nach seinenVorstellungen ausstatten. Auch
hier vermittelt einvirtueller Rundgang durch
Garten und Heim im Anschluss an die Pla-
nung einen Eindruck vom Ergebnis. Die di-
gitalen Modelle von Garten und Heim die-
nen jedoch nur als erste Orientierungshilfe
für die reale Umsetzung. Den Gang ins Mö-
belhaus oder zum nächsten Gartencenter
ersetzen sie nicht.
Ob also im Bauherrenkino oder zu Hause
vor demeigenenComputer –wer sich auf das
Experiment 3-D einlässt, hat gute Chancen,
sein persönliches Happy End bei der Gestal-
tung des eigenen Reiches zu bekommen.
Das simulierte Haus
Ein Spaziergang durch die eigenen vier Wände noch vor dem ersten Spatenstich – was nach Science-Fiction
klingt, ist im 3-D-Bauherrenkino bei Berlin bereits Realität
von
M
aresa
W
olbert
Bauherrenkino Bauunion
Blick in die Zukunft:
Im Bauherrenkino können die künftigen Eigentümer ihren Wohntraum bemustern und Preise für Materialien vergleichen.
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