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Humboldt
kosmos
101/2013
Wie gelingt es Bakterien, sich gegen Antibiotika zunehmend
zur Wehr zu setzen? Und mit welchen Methoden könnte man
den Erregern ein Schnippchen schlagen? Das sind Fragen,
mit denen sich die neue Humboldt-Professorin ­Emmanuelle
­Charpentier beschäftigt. An der Medizinischen Hochschule
Hannover (MHH) und amHelmholtz-Zentrum für Infektions­
forschung (HZI) in Braunschweig untersucht die 45-jährige
Französin, wie das Erbgut und die Proteine der Bakterien bei
einer Infektion miteinander interagieren. Ihr Ziel ist es, alle
biologischen Prozesse in den Erregern kontrollieren zu kön-
nen. Am TWINCORE, einem von der MHH und dem HZI
gegründeten Zentrum, soll das neue Wissen schneller als bis-
her in Medikamente umgesetzt werden. Von 2014 an wird die
Mikrobiologin dort zu einer intensiveren Zusammenarbeit
von Grund­lagen­forschern und Medizinern beitragen.
Wenn Strom sich eines Tages überallhin verlustfrei und ohne
großen Aufwand übertragen lässt, ist das womöglich das
­Verdienst von Hidenori Takagi. Von 2014 an wird sich der
52-­jährige Japaner als Humboldt-Professor an der Universität
Stuttgart und dem Max-Planck-Institut für Fest­körper­
forschung auf die Suche nach Materialien mit bislang unbe-
kannten Eigenschaften begeben. Der Physiker gilt als einer
der originellsten Köpfe seines Fachs. Berühmt wurde er vor
einigen Jahren, als er eine neue Klasse von Materialien auf-
spürte, die keinen elektrischenWiderstand leisten. Anders als
gewöhn­liche Supraleiter, die man fast bis auf den absoluten
Nullpunkt von minus 273 Grad Celsius kühlen muss, kom-
men Takagis Materialien schon mit rund minus 150 Grad aus.
In Stuttgart soll der Forscher nun die Entdeckung weiterer
advanced ­materials
vorantreiben.
Gregory Ralph Crane ist ein Wanderer zwischen zwei Welten.
Als Altphilologe möchte der 56-Jährige vor allem die Kultur der
Antike besser verstehen. Ungewöhnlich sind die Mittel, die der
2013 mit der Humboldt-Professur ausgezeichnete US-Forscher
nutzt: Crane entwickelt Software, mit deren Hilfe er die Kultur-
geschichte des Menschen im Detail zu erfassen versucht. Eines
seiner Vorzeigeprojekte ist die Perseus Digital Library, die an
der Tufts University in Medford, USA, beheimatet ist. Dort
baute Crane eine digitale Bibliothek aller verfügbaren antiken
Texte auf, die zugleich eine Übersetzung in moderne Sprachen
erlaubt und zahlreiche Instrumente zur Textanalyse enthält. An
der Universität Leipzig will Crane mit seinem Lehrstuhl für
Digital Humanities den Cyberspace noch intensi­ver nutzen. So
soll sich künftig jeder Student an der Übersetzung und Analyse
von bislang kaum beachteten Schriften beteiligen können.
Oliver Brock hat eine Vision: Der im Jahr 2009 zumHumboldt-
Professor ernannte Informatiker will Roboter entwickeln, die
fast so intelligent wie ein Mensch sind und doch ungleich prä-
ziser agieren. Heutige Roboter können nur die gleichen Auf-
gaben im stets gleichen Umfeld übernehmen. Die autono­men
Helfer, an denen der 44-jährige Brock an der Technischen Uni-
versität Berlin arbeitet, sollen eines Tages komplizierte Reak-
tionen und Bewegungsabläufe beherrschen und in Medizin,
Raumfahrt oder bei radioaktiven Unfällen wertvolle Dienste
leisten. Dafür stattet der Wissenschaftler, der vor der Rück-
kehr in seine Heimatstadt 15 Jahre lang in den USA forschte,
sie mit Kameras und filigranen Greifarmen aus und entwi-
ckelt Computerprogramme für sie. Die Software gibt den
Robotern quasi ein Gehirn: So können sie lernen, eigenstän-
dige Entscheidungen zu treffen.
Die
Mikrobenjägerin
Emmanuelle Charpentier
Der
Widerstandskämpfer
Hidenori Takagi
Der
Cyberphilologe
Gregory Crane
Der
Roboterbeseeler
Oliver Brock
Foto: Carmen-M. Müller / MPG
Foto: TU Berlin / Ulrich Dahl
Fünf Jahre im Forscherparadies
Was Humboldt-Professoren aus ihrer großen Chance machen
Foto: Sven Müller
Foto: HZI
Schwerpunkt
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